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weiße Mauer

Bissige Breitseiten, diverse Brötchen und Omas Weisheiten (Hamburger Abendblatt über Labertaschenland)

 

Norderstedt. Der Berliner Kabarettist Gerd Normann begeisterte mit seinem Programm „Labertaschenland“ das Publikum des Kulturvereins „Kulturtreff“ in Norderstedt. Der gebürtige Sauerländer warnte darin vor Leuten, die im Dialog mit anderen Monologe halten, die Phrasen für ernst zu nehmende Aussagen halten, und denen auf den Leim gehen, die Börsen-Abstürze mit Anglizismen verschleiern. „Ganze Sätze sind zum Blablabla verkommen, es wird zu viel gequatscht, jeder redet, und keiner hört mehr zu“, konstatiert Gerd Normann. Dafür kann er umso schneller reden, und die zirka 80 Zuhörerinnen und Zuhörer lauschten seinen bissigen Breitseiten nicht nur konzentriert, sie spendeten auch reichlich Beifall, lachten, wo Schadenfreude zum Lachen aufforderte, und weinten mit Normann über das Labertaschenland.

Frei von Selbstironie ist Normann nicht, und das waren denn auch die witzigsten und aufschlussreichsten Momente in der Ein-Mann-Show. Gerd Normann kann auch singen und Ukulele spielen. Beispielsweise im Lied „Der Sachbearbeiter“,eine Persiflage auf Behörden und ihre betuliche Arbeitsart. Das ist nun zwar ein alter Kabarett-Hut, aber immer wieder gern gehört. Doch der Kabarettist kann auch ganz konkret und familiär werden, beispielsweise wenn er erzählt, dass ihn schon seine Oma davor gewarnt hat, Frauen flachzulegen: „Lass es!“ Wenn er ein Plakat mit „Diverse belegte Brötchen“ in Beziehung zum Gendern bringt, ist das einfach komisch. Währenddessen meldet sich bei einem der Zuschauer das Handy mit der Meldung „Dortmund hat 3:0 gewonnen“. Über soviel Respektlosigkeit staunt sogar der Kabarettist nur staunen. HEIKE LINDE-LEMBKE

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Ein Rundumschlag durch die aktuellen gesellschaftlichen Macken (Oberpfalzecho)

26. November 2023

Weiden. Gerd Normann war mit mit seinem Programm "Labertaschenland" zu Gast im "Parapluie".

Von Helmut Kunz

Gerd Normann verbindet gesellschaftliche Macken mit Selbstironie. Foto: Helmut Kunz

Gerd Normann präsentierte am Samstagabend auf der “Kulturbühne im Kulturbahnhof” einen Rundumschlag durch die aktuellen gesellschaftlichen Macken, gepaart mit Albernheiten und sympathischer Selbstironie. Normann zog den Schluss: Besser die Selbstdiagnose aus dem Internet, als erfolglos von einer medizinischen Koryphäe zu nächsten zu rennen.

Er geht sie alle an: Die Leute, die behaupten, weil man schlank sei, dürfe man kein Lied über Übergewichtige singen. Die Leute, die hinter Anglizismen negative Risikobewertungen verstecken. Die Leute, die Kiezdeutsch als Dialekt einstufen. Die Leute, die sich selbst zur künstlichen Intelligenz degradieren – Normann berichtet in Szenen, Liedern und Reimen über den alltäglichen Stuss im Redefluss, den wir über uns ergehen lassen müssen.

Das Ende jeder Toleranz

Gerd Normann ist auch so einer, der gerne den täglichen Schwachsinn kommentiert. Aus der Not heraus nannte er sein neues Programm “Labertaschenland”. Normann will partout nicht gendern. “Wenn der Genderer richtig gendert, der Redefluss sich stark verändert. Im Land der Denker und der Dichter, wird der Reim dann immer lichter. Das Ende ist nicht die Brillanz, sondern das Ende jeder Toleranz.“

Nonsensgedichte zur Weltliteratur hochpuschen

Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen hätten und trotzdem den Mund hielten. In seiner Figur als Ranger Ömmes erzählt er davon, wie sich der Klimawandel auf Nacktwanderer auswirkt und was der Unterschied zwischen einer Löwin und einem Wildschwein ist. Er singt Lieder über Männer in Warnwesten und erklärt, wie man Nonsensgedichte zu Weltliteratur hochpuscht.

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Lachen ohne Scham (Pirmasenser Zeitung über Ehekabarett)

Viel Freude im Pünktchen und Anton am klugen und komischen Gerd Normann und seinen Dialogen für eine Person um Willi und Lisbeth

VON FRED G. SCHÜTZ

Lachen, ohne sich dafür schämen zu müssen und sich hernach mit hochgestelltem Mantelkragen aus der Lokalität zu stehlen – geht das noch? Ja, zum Beispiel dann, wenn man einen schauspielerisch begabten Kabarettisten wie Gerd Normann mit seinem Programm „Willi und Lisbeth zerreden ihr Frühstücksei!“ am Freitag im Pirmasenser Café Pünktchen und Anton zugehört und zugeschaut hat. Man ist ja wirklich dankbar dafür, wenn’s mal wieder einen auf die Bühne treibt, der sich nicht als Comedian, sondern als Kabarettist versteht und den Unterschied nicht nur kennt, sondern auch in Szene zu setzen vermag. Gerd Normann, gebürtiger Sauerländer mit Heimstatt in Berlin, ist ein leider rar gewordenes Exemplar der Gattung Kabarettist. Ein Comedian – um sich die Unterschiede zu vergegenwärtigen – ist der personifizierte gespielte Witz, Kabarettisten sind schauspielernde Literaten mit Sinn für Pointen. Geht einem da was durcheinander, dann ist das so, als geriete ein Helene-Fischer-Fan in ein Tom-Waits-Konzert. Viel Freude im Pünktchen und Anton am klugen und komischen Gerd Normann und seinen Dialogen für eine Person um Willi und Lisbeth Gerd Normann hat seine „Sauerland-Dialoge“ selbst treffend so beschrieben: „Eine Sammlung skurriler Alltagsgespräche eines fiktiven, älteren sauerländischen Ehepaares. Die beiden heißen Willi und Lisbeth und sind seit über 40 Jahren mehr oder weniger glücklich verheiratet. Sie nörgeln aneinander herum, halten zusammen wie Pech und Schwefel und versuchen, die immer schneller werdende Weltin ihrem Sinne umzudeuten.“ In Tat und Wahrheit bringt Normann aber viel mehr, viel Besseres: poetische Kabinettstückchen, als Duett für eine Person inszeniert, von hinreißender Komik und tückischem Hintersinn befeuert. Die sauerländische Authentizität wird von „originalen“ Sauerländern im Publikum bestätigt, die komödiantische Zielgenauigkeit ist nicht zu überhören, wenn im Publikum gelacht wird, dass man fürchtet, da wachse gleich jemand an. Normann braucht einen Moment, um seine Zuhörer auf die Frequenz von Radio „Willi und Lisbeth“ abzustimmen, aber dann gibt’s kein Halten mehr. Wie macht er das? Der Trick ist nur vorderhand einfach, ein Thema – „Frühstücksei“ zum Beispiel – aufzunehmen, im Dialog durch immer groteskere Schleifen zu fädeln und den Faden der Story nicht aus der Hand zu geben, bis die alte Socke ganz und gar aufgezogen ist. Da ist Normann wirklich – wie ihm schon mal zugeschrieben wurde – auf halbem Wege zwischen der Familie Tetzlaff und Loriot, kein platter Epigone, aber in bester Gesellschaft. Das heißt: Normann verbindet penibel ausgearbeitete Text mit einer stupenden Schauspielkunst. Man schaue nur zu, wie Normanns Gesicht geradezu in das seiner Protagonistin Lisbeth hinein morpht, dann schlagartig zu Willi wird, um sich wieder in Normann als Kommentator zu verwandeln. Das ist schlicht hinreißend.

weiße Mauer

(Pirmasenser Zeitung über die Lamettafee)
Gerd Normann und Lina Lärche lieferten ein Programm voller Komik, Gesang und Überraschungen.

Ein ausgesuchtes Publikum erlebte am Freitag im Pünktchen und Anton mit „Willi & Lisbeth und die Lamettafee“ einen entzückend verrückten Traum von Weihnachten, weit weg von Traditionen. Mit Kabarett, Gesang und Lamettafee inklusive. Das Kulturcafé erwies sich mal wieder als der Ort, an dem man außergewöhnliche Programme sehen kann. Gerd Normann und Lina Lärche wissen, wie Unterhaltung geht.

Gerd Normann und Lina Lärche liefern ein Programm voller Komik, Gesang und Überraschungen. „Meine Eltern und Großeltern stecken da drin“, erklärt Normann seine Figuren. Das merkt man. Die Charaktere wirken authentisch. Der Rest ist reine Fiktion. Eine feinsinnig verrückte dazu.

Um was es geht? Willi kann es kaum glauben. Seine Frau schenkt ihm einen Joint, damit ihm seine Rückenschmerzen egal sein können. Und was kommt dabei heraus? Die Lamettafee. Nach den ersten Zügen an der Tüte glaubt Willi erst zu träumen, doch als er die Schöne kneift, wird ihm klar: Sie ist echt. Beweis: Die Schöne verliert ein paar Fäden Lametta, das viel goldener glänzt und viel länger ist als die Metallfäden am eigenen Baum. Und dann stellt sich heraus, dass sie von Willi erlöst werden will. Wie schon – durch einen Kuss.

In die gemütliche Wohnzimmeratmosphäre des Kulturcafés Pünktchen und Anton passte am Freitag sogar eine kleine Bühnenrückwand, hinter der sich die Lamettafee versteckte, wenn sie grad nicht dran war. Wo sie sich umziehen und kostümieren konnte und immer ein wenig durchschimmerte. Die Lamettafee war mit wahrlich entzückenden Kostümen ausstaffiert. Erst im goldenen Kleid mit glitzernden Fäden, dann im schwarzen langen Gewand und schließlich im Ballkleid, mit dem sie einen Striptease aufs Parkett legte. Das Publikum schaute fasziniert zu, wie sich die Dame aus Tüll und glänzendem Stoff zu Walzerklängen immer weiter entblätterte, bis man glaubte, die Tänzerin einer Spieluhr vor sich zu haben. Die Ringreifen ihres Rockes waren mit Lichterketten verziert. Auch trug sie ein leuchtendes Herz, das schließlich zu Flügeln wurde. Lina Lärche lieferte eine großartige Performance mit ihrem anmutigen Striptease-Solo. Wunderbar komisch nehmen Normann und Lärche Weihnachten auf die Schippe, indem sie jeglichen künstlichen Frohsinn überwinden. Auch die Gesangparts der beiden sind großartig, die wie Dialoge in gesungenen Strophen rüberkommen. Mal mit Schmidtchen Schleicher, mal mit dem Poliamor-Song von Lamettafee, mit dem sie ihr großes Herz besingt beziehungsweise die Männer, für die sie darin Platz hat. Lina Lerche ist nicht nur eine charmante Kabarettistin, sondern hat eine durchdringlich schöne Stimme.

Das Publikum im Pünktchen und Anton war zwar nicht zahlreich – Willi hatte sogar Lust, alle mit Handschlag zu begrüßen –, dennoch fällt der Applaus im Finale gewaltig aus. Da mussten die beiden Comedy-Profis wohl oder übel nachlegen. Sie sangen „Dreaming of a High Christmas“, passend zu Willis Joint, und den Geschenkesong zur „Wham“-Melodie von „Last Christmas“. Bloß heißt es bei ihnen: Du kriegst nix. Weitere Zugabe: „Wir wollen niemals auseinandergehen“. Gemeint ist allerdings kein Liebespaar, sondern der Wunsch, schlank zu bleiben. Mit Joghurt eben. Es ist ein wundervoll anmutender Abend, tiefsinnig und voller Witz und Charme. Wer nicht gekommen war, ist selber schuld.

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